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Ausstellung vom 2. Juni bis 7. August 2005
im Museum St. Ulrich  

Vernichtete Kirchen im Bistum Pilsen


66 Kirchen und einige hundert Kapellen wurden in der Diözese Pilsen zwischen 1945 und 1989 zerstört. Ungezählte Kunstschätze gingen verloren. Die Ausstellung der Diözesanmuseen Pilsen und Regensburg ging auf Spurensuche. Sie zeigte eine umfassende Dokumentation der vernichteten Gotteshäuser, die das Regime des Kommunismus als Denkmäler des Glaubens verfallen ließ oder niederriss, aber auch jene Bauten, die heute nur noch einen Schritt vom definitiven Untergang entfernt sind.

Die deutsch-tschechische Gemeinschaftsausstellung entstand im Zusammenwirken mit der Westböhmischen Galerie in Pilsen, dem Nationalen Denkmalinstitut Tschechiens, Westböhmischen Museum in Pilsen, Karlsbader Museum, Atelier Soukup GmbH in Pilsen, Regionalmuseum Eger, Regionalmuseum Falkenau, Bezirksbehörde des Militärbezirks Hradište und dem Gebietsmuseum in Komotau.
Jan Soukup, Leiter des Diözesanmuseums Pilsen, schreibt im Vorwort des Katalogs zur Ausstellung:

“Die Ausstellung befasst sich mit einer unerfreulichen Wirklichkeit – der Vernichtung von Kirchen in der Region Westböhmen nach dem Jahr 1945. Die Geschichte zeigt, dass es keine „dicken Schlussstriche“ unter der Vergangenheit gibt und dass uns ohne aufrichtiges Bemühen, die negativen Erscheinungen, die Bestandteil unserer Existenz sind, wahrheitsgemäß zu benennen, unsere bösen Taten der Vergangenheit immer wieder vor Augen treten. Man ist dann gezwungen, ohne etwas dazuzulernen, immer wieder dieselben Fehler zu machen. Deshalb sollten wir diese Ausstellung nutzen, die sonst immer wieder mit großer Lust vergessenen Geschehnisse zu reflektieren.

Immer wenn ein Krieg stattfand, bemühte sich der Feind dadurch die Oberhand zu gewinnen, dass er das Feindesland plünderte und seine Bewohner mordete. Wenn er diese aber besonders erniedrigen wollte, verbrannte und vernichtete er ihre Heiligtümer. Auch wenn wir uns dessen nicht allzu sehr bewusst sind, auch bei uns fand nach dem Jahr 1945 ein Krieg mit all seinen Attributen statt. Es war der Krieg der kommunistischen Macht gegen alles ihr Unbequeme. Viele Menschen wurden vertrieben, viele wurden in kommunistische Konzentrationslager gesperrt und eine nicht zu vernachlässigende Zahl Unglücklicher wurde zu Unrecht hingerichtet. Niedergerissen wurden einige Dutzend Städtchen und Dörfer und viele hundert Kirchen und Kapellen. In solchen Kriegen gibt es keine Sieger, wir alle sind die Verlierer. Unsere Verluste sind riesig, und diese Ausstellung zählt zusammen, um was wir im Bereich der Kunstschätze unserer Kirchen ärmer geworden sind.

Die Ausstellung stellt nur vernichtete Kirchen vor (nicht auch Kapellen), also nur Bauwerke, die von der Bevölkerung als groß und bedeutend betrachtet wurden. Wie sieht diese traurige Bilanz aus? Etwa 20 Prozent der vernichteten Kirchen auf dem Gebiet der Tschechischen Republik entfallen auf die Region Westböhmen – auf die Diözese Pilsen, und davon mehr als ein Drittel auf das Vikariat Karlsbad. In konkreten Zahlen: Es gibt 66 völlig vernichtete Kirchen in der Diözese Pilsen, davon 24 im Vikariat Karlsbad. Aber die Bilanz ist noch nicht endgültig, das Vernichtungswerk setzt sich fort – an die 30 weitere Kirchen werden sehr bald ihren unglücklichen Vorgängern nachfolgen, sofern nicht schnelle Hilfe kommt, und dann gibt es noch 28 Kirchen mit einer unangemessenen Nutzung, die dadurch offensichtlich auch zum Untergang verurteilt sind.

Die unmittelbaren Gründe für den Untergang der Kirchen waren verschieden, auch wenn es etwas Gemeinsames gab. Das war vor allem der Abschub der deutschen Bevölkerung und der anschließende antireligiöse Feldzug der Staatsmacht. Die Landkarte der vernichteten Kirchen deckt sich beinahe vollständig mit der Karte der Besiedelung Böhmens durch deutschsprachige Bevölkerung. In diesem Gebiet kam es zu zweierlei Entwicklungen, entweder wurde die Bevölkerung ausgetauscht und durch Menschen aus dem Binnenland oder weiter östlich gelegenen Ländern – der Slowakei, Galizien, Ungarn oder Rumänien – ersetzt oder es wurde vom Militär für den militärischen Grenzstreifen okkupiert oder für Truppenübungsplätze wie das Duppauer Gebirge, offiziell Hradište genannt, und der Kaiserwald.

In den neu besiedelten Gebieten kam es zur Unterbrechung der sozialen und kulturellen Kontinuität. Die neuen Bewohner konnten sich in der neuen Umgebung lange nicht richtig einleben und die Kirchen betrachteten sie häufig als „Überbleibsel“ der Deutschen. Diese Bevölkerung neigte, bis auf wenige Ausnahmen, auch mehr dazu, dem Druck der kommunistischen Staatsführung zu unterliegen, die eine Absage an das religiöse Leben forderte und damit auch eine Distanzierung von den kirchlichen Bauten hervorrief, die dann aus Mangel an Interesse verfielen.

In militärischen Bereichen dienten die kirchlichen Bauten meistens als bloße Ziele für Militärübungen. Die Kirche und die Denkmalbehörden hatten nur begrenzt die Möglichkeit, einige besonders wertvolle Kunstwerke aus den Kirchen in Sicherheit zu bringen, die absolute Mehrzahl der Kunstschätze wurde voller Lust und Schneid vernichtet, im „günstigeren“ Fall nur gestohlen.

Neue Hoffnung für die dem Untergang geweihten Bauten kam nach dem Kollaps des kommunistischen Regimes im Jahr 1989 auf. Damals wurden weite Bereiche des Grenzstreifens freigegeben, in denen noch viele kirchliche Denkmäler mit letzter Kraft dem Untergang trotzten. Leider setzt sich der Verfall aber immer noch fort und nur mit größten Anstrengungen ist eine Stabilisierung zu erreichen. Die Krise ist allzu tief, die Kirche und die Kommunen haben kein Geld. Der Staat ist objektiv nicht in der Lage, den Verpflichtungen seines eigenen Gesetzes aus dem Jahr 1950 nachzukommen, mit dem er gewaltsam und selbstbewusst die Sorge für die kirchlichen Denkmäler übernommen hat. Zugleich muss auf die Tatsache hingewiesen werden, dass immer noch weitere Kirchen an die Schwelle kamen, hinter der das Nichts lauert, das auf die Leere vieler unserer Seelen verweist. Ohne die Hilfe von uns allen wird diese Entwicklung nicht von selbst zum Stillstand kommen.

Auf der anderen Seite wäre es ungerecht zu verschweigen, dass seit dem Jahr 1989 viele Kirchen gerettet wurden. Dabei helfen die Kommunen, das Ministerium für Kultur und die Behörden der Regionen mit ihren Zuschüssen und in einem bedeutenden Maß unsere vertriebenen deutschen Landsleute. Hier eröffnet sich ein weites Betätigungsfeld für Bürgervereinigungen und persönliche Initiativen. Immer geht es darum, Arbeit und Liebe einzubringen für etwas, was durch das Leben der Vorfahren geschaffen wurde und was niemand aus der Gemeinde davontragen kann, was aber einen dauernden Wert der Landschaft darstellt, die wir Heimat nennen.“