Ausstellung vom 14. Juli bis 15. August 2006
Kunststation St. Jakob, Ihrlerstein
Buchstäblich Kunst: Heribert Krotter zeigte seine Werke, die in Zeichen, Lettern und intensiven Farben schöpferische Kraft ausstrahlen. Der 65jährige übersetzt seine ganz eigenen Blicke auf das Leben, auf Glauben und Beziehungen als akribischer Arbeiter und phantasievoller Künstler. Ob Sonnengesang, die vier Tageszeiten, Hiob-Tryptychon oder Briefe an die Nacht – die Bilder fordern Augen und Gedanken heraus zu neuen Perspektiven, die Vertrautes verfremden und Fremdes vertraut erscheinen lassen.
„Was ist die Mondmission gegen die Erfindung des Alphabets?“ Heribert Krotter aus Burglengenfeld faszinieren die zwei Dutzend Zeichen, mit denen wir sämtliche Gedanken, die überhaupt formulierbar sind, notieren können. Und er entwickelt beeindruckende Techniken, um für sich Kunst immer wieder neu zu buchstabieren. Der 1941 in Oberpfraundorf geborene Kunsterzieher studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München. Neben der Beschäftigung mit Druckgraphik und experimentellen Arbeiten auf Glas interessiert ihn seit dem Studium das Phänomen Schrift: ihre Struktur, ihr Rhythmus, Schrift in ihrer archaischen Gestalt. Reisen nach China, Japan, Ägypten, Mexiko, Marokko, in den Iran etc. gaben vielerlei Anregungen. Von der Bleiletter bis zum Computerdruck entdeckt er seine Gestaltungselemente, mit denen er lebendige Strukturen schafft. Typographie ist die dienende Kunst. Heribert Krotter macht sich jedoch auch zu ihrem Diener, demütig und respektvoll vor der Kraft des Ausdrucks der einzelnen Typen und Symbole.
Er arbeitet mit ausrangierten perforierten Alublechen aus dem Offsetdruck, mit Platinen und Röntgenaufnahmen. Er fügt Dinge zusammen und schneidet sie wieder auseinander: Technik und Material wird zur greifbaren Intention. Er schafft neue Zusammenhänge und formt Bilder, die sich während des Anschauens verändern. So fesselt das „Himmlischen Alphabet“ mit seinen ungezählten eingestanzten kleinen Buchstaben im blau eingefärbten Stoff den Blick. Das Auge versucht zu ordnen, doch die Strukturen lösen sich ständig auf und arrangieren sich neu. „Hackstock“ heißt ein Werk, in dem er das von seiner Mutter geerbte Fleischbrett mit seinen harten Kerben zu einem schreienden roten Graphikgeflecht komponiert. Der „Sonnengesang“, für Heribert Krotter „immer zeitgemäß“, findet in einer Aluminiumscheibe seine Übersetzung. In konzentrischen Kreisen birgt sich ein Glanz, der von innen strahlt – im Bild der heutigen Zeit verdunkelt bis auf ein kleines Segment, das auf den atmenden Glanz der Sonne hoffen lässt.
„Ich hab noch nie bewusst religiöse Kunst gemacht“, sagt Heribert Krotter. Er ist kein religiöser Kunstmacher, eher ein religiöser Mensch. Und so setzt der Künstler, den die Buchstaben anziehen, selbst Zeichen. „Die Dinge wachsen in mir aus einer inneren Erfahrung heraus.“ Leid, Tod, Glück, Liebe, Freude, Augenblicke, Erfüllung – Krotter drückt sein Staunen aus über den Reichtum des Fühlens, der Natur und des Lebens aus der Schöpfung. Am liebsten in Ultramarin – „Blau ist meine Farbe, der Inbegriff des Seelischen, Empfindsamen.“ Er gestaltet sinnlich. Und er ist streng mit sich, um die Dinge auf den Punkt zu bringen.
Sonnengesang (Kunstwerk des Monats Juli 2006)
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