Kasel mit Nadelmalerei aus dem 18. Jahrhundert
Bei dieser Kasel handelt es sich um ein Einzelstück, das in virtuoser, zeitraubender Handarbeit entstand.
Auf einem cremefarbenen Seidenatlas wurde eine schmale Borte, in rosa Seide und in Silber aufgestickt (nicht etwa „nur“ aufgesetzt!). Sie zeigt Wellenranken und ist abwechseln mit Silber aufgefüllt bzw. mit kleinen Blüten verziert.
Auf der Vorderseite der Kasel umrahmt diese Borte eine senkrechte Mittelbahn, auf der Rückseite formt sie ein großes Kreuz.
Die jeweiligen Binnenflächen sind besonders dicht gefüllt mit Blumen, die in Wellenranken untereinander verbunden sind bzw. aus Füllhörnern wachsen. Sie wurden in feiner Nadelmalerei mit farbiger Seide gestickt und durch Silberfäden bereichert.
Die Blumen auf beiden Seiten der Kasel lassen sich botanisch bestimmen: Nelken, Tulpen, Iris, Päonien, Wicken, Kornblumen, Stiefmütterchen und viele mehr.
Außerhalb dieser gefüllten Flächen sind die Vorder- und Rückseite des Gewandes mit Streublumen besetzt, die in relativ exakter Symmetrie links und rechts einander entsprechen.
Zu sehen ist die Kasel im Obergeschoss des Domschatzes.
Eine kleine Besonderheit weist die Kasel auf der Vorderseite auf: dort wird eine einzelne Rose einmal von vorne und einmal von hinten gezeigt!
Mit ihren streng eingegrenzten Musterflächen, ihrem Verzicht auf Rocaillen und Zierformen, sowie den naturgetreu nachgestickten Blumen weist die Kasel bereits auf die im Biedermeier des frühen 19. Jahrhunderts ausgeprägten Stilformen. Da sie bereits im Domschatzinventar von 1792 erwähnt ist, dürfte sie in das letzte Viertel des 18. Jahrhunderts zu datieren sein. (nach Achim Hubel)
Kasel
Nadelmalerei und Silberstickerei auf Seidenatlas, Leinen
Länge des Rückenteils 109 cm, Breite 69 cm
letztes Viertel 18. Jahrhundert
D 1974/0112
Wikipedia verrät uns: Als Stiefmütterchen bezeichnet man eine Gruppe von Arten aus der Gattung der Veilchen (Viola) innerhalb der Familie der Veilchengewächse (Violaceae), die sich durch die gegenseitige Bedeckung der Blütenblätter auszeichnen. Das breite unterste Kronblatt, die „Stiefmutter“, bedeckt teilweise die seitlichen, die „Töchter“, und diese wiederum die beiden obersten, die „Stieftöchter“. Als weiteres gemeinsames Merkmal besitzen die Stiefmütterchen große Nebenblätter. Die seltenere Bezeichnung Pensee kommt vom französischen (herbe de la) pensée „Pflanze des Gedenkens“. Das Stiefmütterchen gilt als Symbol des Andenkens, der Erinnerung. |