Kreuz und Weintraube
Dieses Denkmal können Sie am besten bei einem Herbstspaziergang entdecken - in einem Stadtteil, in dem die dargestellte Frucht in besonnter Südlage heranreifte: ein Reliefstein mit den Emblemen des Weinbauers. Und dieser findet sich natürlich in dem Stadtteil, in dem sich noch heute die Weinfreunde zur Lese treffen: in Winzer.
Nürnberger Straße 182: Diese Adresse gehört zu einem historischen Regensburger Gebäude. Die Straße wurde 1486 als neue Handelsroute nach Franken angelegt. In dieser Zeit hatte sich die Stadt kurzfristig Bayern angeschlossen. Als Kaiser Friedrich III. 1492 für Regensburg wieder den Status der Reichsstadt erzwang, erhoben die bayerischen Herzöge für den über die Steinerne Brücke und durch das bayerische Stadtamhof fließenden Handelsverkehr Zölle.
Die „Alte Mauth“ wird um 1800 erbaut. Im Sockel des Walmdachhauses ist ein Stein eingelassen, der über die noch frühere Geschichte des Ortsteils erzählt. Das Relief trägt die Jahreszahl 1570. Seitlich des dargestellten Kreuzes sind die Zeichen der Weinbauern eingelassen, das Rebmesser und die Weintraube. Im 16. Jahrhundert steht in Winzer noch eine Burg, umgeben von Weingärten. Der Reliefstein zeugt davon, dass hier im Mittelalter Wein angebaut wird. Der leichte Landwein ist das Volksgetränk, da es an sauberem Wasser mangelt. Der Vater der bayerischen Geschichtsschreibung Johannes Turmair, gen. Aventinus, der in Regensburg seine letzten Lebensjahre verbringt, weiß vom Bayerwein zu berichten: „Der gemeine Mann auf dem Gäu in Baiern sitzt Tag und Nacht beim Weine.“ Ganz unrecht hat er wohl nicht. So stehen, wie die Klosterarchivalien verraten, zum Beispiel den Angestellten der Benediktinerabtei Prüfening am Tag zwischen zwei und sechs Maß Wein zu.
Der Reliefstein verbindet die Zeichen des Kreuzes und der Weintraube. Im Johannesevangelium sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Winzer... Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“ (Joh 15). Bei der Hochzeit zu Kana (Joh 2,1-11) wird der Rebensaft zum Symbol für ewige Freude und Fülle. In der sakralen Kunst wird das Kreuz auch als ein Trauben tragender Weinstock dargestellt. Auf die Verwandlung des Weins in das Blut Christi beim Messopfer weist das mittelalterliche Motiv „Christus in der Kelter“ hin. Es zeigt Christus bei der Arbeit in der Weinpresse. Der gewonnene Wein wird in einem Kelch für die Eucharistie aufgenommen. So steht die ausgepresste Weintraube für Christus selbst.
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