Schlussstein St. Ulrich
Die ersten urkundlichen Erwähnungen der St. Ulrichs-Kirche am Regensburger Domplatz stammen aus den Jahren 1238 und 1280, im Zusammenhang mit einer Nutzung für die Bruderschaft der Chuderwaner, die das kostbare Corduanleder verarbeiteten. Stilistisch gehört die Ulrichskirche zu den ältesten Bauwerken der Gotik in Deutschland. Die Architekturformen wurden unmittelbar aus Frankreich importiert; ihre Wurzeln finden sich in den Kathedralen von Paris und Laon.
Die vorzüglichen Schlusssteine im Erdgeschoss des östlichen Jochs deuten auf einen partiellen Umbau zu Beginn des 14. Jahrhunderts. Sie zeigen die Gottesmutter Maria sowie den Namenspatron des Gotteshauses, den hl. Ulrich. Ulrich, um 890 als Sohn des alemannischen Gaugrafen Hupald von Dillingen geboren, wurde für den geistlichen Stand bestimmt und studierte im Kloster St. Gallen. Er wurde Kämmerer seines Onkels, des Bischofs Adalbero von Augsburg und verwaltete gleichzeitig die großen Familiengüter, bis er 923 Nachfolger seines Onkels als Bischof wurde. Ulrich ist einer der beliebtesten deutschen Heiligen - das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass seine Heiligsprechung nur zwanzig Jahre nach seinem Tod erfolgte. Er war der erste, der 993 offiziell in einer förmlichen, prozessual vorbereiteten Kanonisation von Papst Johannes XV. heilig gesprochen wurde; bis dahin hatten die Ortskirchen jeweils für sich "Heilige zur Ehre der Altäre erhoben", von nun an wurde dies ausschließliches Recht des Papstes. Der Gedenktag des hl. Ulrich (Uodalricus) von Augsburg wird am 4. Juli gefeiert.