Hannes Weikert (1918-1980)
Klostermauer II
In der Ausstellung zum ehemaligen Kloster Prüfening kommt nur ein kleiner, aber für Hannes Weikert wichtiger Teil seiner künstlerischen Arbeit zur Sprache. Er selbst bezeichnete das Kloster Prüfening als sein Lieblingsmotiv, das er in verschiedenen Techniken behandelte. Weikert bevorzugte die Malerei und Grafik, da er der Meinung war, dass diese mehr als andere Kunstgattungen die subjektive und individuelle Gestaltung ermöglichten und dadurch die „Bewältigung des unmittelbaren Seins“ gestatteten.
Er durchbrach dabei die Grenzen der einzelnen Kategorien, indem er etwa grafische und malerische Techniken, die wiederum durch unterschiedliche Materialverwendung und verschiedene Auftragungsmedien aufgespalten wurden, vermischte.
Ein Kunstwerk konnte für ihn nicht ohne Überlegung, Studium und tiefes Verständnis entstehen. Er sah sich in der Tradition des gelehrten Malers („pictor doctus“) wie Albrecht Dürer, Henri Matisse oder die Bauhauskünstler. In jeder anderen Herangehensweise bei der Schaffung eines Kunstwerks fürchtete Weikert die Gefahr des Pathos, des Maßlosen, das sich bis zum Chaos steigern könnte.
Dementsprechend schwingt in allen Bildern Weikerts ein gewisses Harmoniestreben mit, das das dargestellte Motiv in Hintergrund und Bildfläche einbindet. Er ist dabei stets der äußeren Erscheinung verpflichtet, seine Formen und Farben zeigen immer eine authentische Klarheit, die Surreales, Abgründiges und Chaotisches ausschließt. In seinen Bildern wird, auch wenn er geometrische oder kubistische Elemente verwendet, beharrlich die Deformation und die Zergliederung ins kaum Erkennbare seiner Motive vermieden. Seine Werke sind regelmäßig durchdacht, in der inneren Bildspannung gezielt aufgebaut und harmonisch zusammengesetzt, so dass das angestrebte Ziel des „pictor doctus“ deutlich werden kann.
Das in einer Mischtechnik aus Ölkreide, Gouache und Ölfarben komponierte Bild „Klostermauer II“ zeigt auf kleiner Fläche komprimiert die Hauptmotive des Klosters Prüfening. Wichtig war neben der Kirche die das Klosterareal abgrenzende Mauer, die die Bedeutung des aus dem lateinischen Wort claustrum (d. h. Verschluss, Sperre) abgeleiteten Worts Kloster verdeutlicht. Dementsprechend mächtig ist sie in braun-beigen Farbtönen, die von Spuren von Rot und Blau begleitet werden, ins Bild gesetzt. Die links und rechts an den Bildrand gesetzten Pfeiler mit den abschließenden Kugelformen bilden die seitlichen Grenzen. Vom rechten Pfeiler ausgehend führt die Klostermauer, vor der Schnee liegt, ins Bild hinein und endet wieder mit einem Pfeiler und Kugelaufsatz. Der frei gelassene, beinahe abweisend wirkende Eingang ist dunkel in Schwarz, Blau und Braun verschattet. Dahinter greifen die kahlen Äste der Bäume weit darüber hinaus. Sie scheinen das wie geduckt hinter der Mauer stehende Kirchengebäude mit dem steilen Dach und dem Turm mit dem Pyramidendach zu schützen. Die auf Braun, gebrochenes Weiß, Schwarz, Blau und wenige Rottöne beschränkte Farbpalette entspricht der wiedergegebenen ruhigen, leicht melancholischen winterlichen Stimmung. Die Abgeschlossenheit des Klosters wird eindringlich durch das Fehlen von menschlichen Gestalten und die das Bild dominierende Mauer zum Ausdruck gebracht. Dr. Xaver Luderböck
Klostermauer II
Hannes Weikert
1975
Kreide/Öl-Mischtechnik
H 20 cm x 30 cm (42 cm x 51 cm m. R.)
Privatbesitz
Zu sehen in der Ausstellung „Mönche, Künstler und Fürsten. 900 Jahre Gründung Kloster Prüfening“ bis 22. November im Museum Obermünster