Anbetung der Könige
Relieffeld des Wandula-Altars
Der aufwändige Seitenaltar im Erdgeschoss des Domschatzmuseums stammt aus der Regensburger Obermünsterkirche, die 1945 zerstört wurde. Stifterin des Altares war die bedeutende Äbtissin Wandula von Schaumberg, die von 1533 bis 1545 das adelige Damenstift Obermünster regierte. Im Jahre 1534, also bald nach ihrem Amtsantritt, gab sie den Steinaltar in Auftrag, der nach sechsjähriger Arbeitszeit 1540 fertiggestellt war.
Das Architekturgerüst besteht aus weißem Marmor, in den wie bei Holzintarsien Rotmarmorteile eingesetzt sind. Das Aussparen, Schneiden und Einpassen der verschiedenen Steinsorten muß zusammen mit der vielfachen Profilierung aller Teile sehr zeitraubend gewesen sein, ganz abgesehen von den feinen Reliefs aus Solnhofener Kalkstein.
Kleine Relieffelder aus Kalkstein im Sockel zeigen links die kniende Stifterin und rechts deren Wappen. Die phantasievolle Rahmenkonstruktion des Altaraufbaues orientiert sich am Stil der italienischen Frührenaissance. Dargestellt sind in den Feldern Ereignisse aus dem Leben Mariens und dem Leben Christi, die unter dem Gesichtspunkt der "Freuden Mariens" ausgesucht wurden: Verkündigung, Geburt Christi, Anbetung der Könige, Auferstehung Christi, Himmelfahrt Christi, Pfingstfest,sowie der Tod Mariens im Mittelfeld des Altars.
Mit Recht betonen zahlreiche Autoren die engen Beziehungen des Altares zum Werk Albrecht Altdorfers. Die Architekturformen sind mehrfach bei Altdorfer nachweisbar, etwa in dem Rahmen um den Farbholzschnitt der "Schönen Maria", der dem Mittelteil des Schaumbergaltares bis in Einzelheiten entspricht, oder in dem großen Holzschnitt des Altares der "Schönen Maria", der den Grundtypus des dreiteiligen Altares widerspiegelt. Auch die Reliefdarstellungen selbst erinnern - vor allem bei den seitlichen Bildfeldern - an das Spätwerk Altdorfers. Die Anbetung der Könige variiert seitenverkehrt das Frankfurter Tafelbild des gleichen Themas, das nur wenig früher, um1530/35 entstanden ist. Zu beachten ist hier nicht nur die Verwandtschaft der Einzelmotive, sondern auch das Kompositionsprinzip, bei dem die handelnden Figuren groß und möglichst nebeneinandergereiht in die vorderste Bildebene geschoben sind, während die Architekturkulisse nachträglich zugesetzt scheint, ohne die Handlung räumlich zu integrieren. Man kann wohl ohne Zweifel annehmen, dass der Aufbau des Altares wie die einzelnen Relieffelder selbst auf Entwürfe Albrecht Altdorfers zurückgehen. Da Altdorfer 1538 starb, der Altar jedoch schon 1534 begonnen wurde, läßt sich diese These ohne weiteres vertreten. Als einzige Ausnahme ist die Personengruppe beim "Marientod" zu nennen, die eher an Darstellungen aus dem Dürerkreis oder aus Augsburg erinnert.
Der ausführende Bildhauer des Altares ist dagegen nicht in Regensburg zu suchen. Der Schaumberg-Altar dürfte dem Kreis um Viktor Kayser zuzuordnen sein, wobei die schwierigen Werkstattzusammenhänge und die weitgehend ungeklärte Geschichte dieses Augsburger Bildhauerateliers eine engere Eingrenzung unmöglich macht. Die fast klassizistische Kühle und Exaktheit der Ausarbeitung steht in reizvollem Kontrast zu den Entwürfen Altdorfers, die scheinbar undiszipliniert - mit knorpeligen Gewandfalten, impulsiven Gesten und volksnahen Menschentypen - dem Schema der traditionsgebundenen Darstellungen eine spontane Unmittelbarkeit verleihen. Während die Tätigkeit Dürers als Entwerfer für Augsburger Bildhauerarbeiten vielfach nachzuweisen ist, handelt es sich beim Schaumberg-Atlar um das einzige erhaltene Beispiel, das die Zusammenarbeit des führenden Künstlers der Donauschule mit den Augsburger Bildhauerspezialisten belegt. Von daher und wegen der überragenden Qualität in Entwurf und Ausführung gehört der Altar zu den bedeutendsten Beispielen der Frührenaissance-Plastik in Süddeutschland. Gekürzt nach Achim Hubel, „Der Regensburger Domschatz“
Marienaltar der Äbtissin Wandula von Schaumberg
1534/40
Marmor, Solnhofener Kalkstein
D 1974/128