Kunst veredelt
Michael Bry (*1924)
Der seit 2004 in Regensburg lebende Fotograf Michael Bry hat die Domspatzen mit der Kamera begleitet, beim Lernen, beim Essen, in der Freizeit, beim Proben und schließlich bei Auftritten im Dom und im Audimax der Universität. Michael Bry, der in Kalifornien und Mexiko, in Portugal, Spanien und in Bayern lebte, fotografiert überwiegend schwarz/weiß, hat aber mit der Digitalkamera spät noch die Farbfotografie entdeckt, die ihm aufregende Möglichkeiten eröffnete. Seine Motive sind unbegrenzt, er fotografiert Menschen und Handwerksberufe, Natur und Architekturen.
Er folgte einer norwegischen Theatergruppe, reiste durch Italien, Deutschland und Tschechien auf der Suche nach poetischen Landschaftsbildern und dokumentierte aussterbendes Handwerk. Was er beginnt, verfolgt er solange, bis er einen in sich stimmigen Zyklus zusammenstellen kann. Mit der harmonischen Komposition seiner Bilder und ihrer klassischen Ästhetik bewegt er sich zwischen dokumentarischer und künstlerischer Fotografie. Was ihn interessiert, sind Beziehungen, zwischen den Dingen und zwischen den Menschen. Er gehört zu den Fotografen, die den immer neuen Blick für den richtigen Moment besitzen und ihn dann auch zum exakt richtigen Zeitpunkt festhalten. Was man dazu braucht, so Michael Bry, ist vor allem eines: Zeit. Er sieht die kleinsten Feinheiten, die ein Bild interessant machen und immer wieder gelingt es ihm, den Augenblick zu erhaschen, in dem das Besondere aufblitzt.
Die Dokumentation der Domspatzen passt ideal in Michael Brys Arbeitskonzept. Der Fotograf zeigt Zusammenhänge, Beziehungen und Entwicklungen, die zwischen den Schülern und den Lehrern und ihren Aufgaben entstehen.
Michael Bry hat sich bei den Domspatzen quasi unsichtbar gemacht, lediglich auf einer Fotografie ist er selbst mit seiner Kamera im Bild. Während der ganzen Zeit haben die Buben den fotografierenden Beobachter kaum wahrgenommen, deshalb kamen sie überhaupt nicht auf die Idee, sich in Szene zu setzen; so konnten Bilder entstehen, die durch ihre Natürlichkeit begeistern, die Momente großer Konzentration, auch großer Intimität und Freundschaft zeigen, der Vertrautheit mit den Lehrern und der innigen Hingabe an die Musik. „Kunst veredelt“, und Kunst verändert, wenn die Buben aus dem Alltag der Schule in die Rolle der Domspatzen schlüpfen und beim Singen hinauswachsen über die Normalität des Schülerdaseins.
Ines Kohl
Kunst veredelt
Foto schwarz-weiß
2008
Zu sehen in der Ausstellung „Unsichtbare Flügel. Die Regensburger Domspatzen in Bildern von Michael Bry“ vom 15. Juli bis 28. September im Museum St. Ulrich.