Tiefe Symbolkraft besitzt das romanische Vortragekreuz aus der Mitte des 12. Jahrhunderts. Über dem zylinderförmigen Verbindungsstück zur nicht erhaltenen Tragestange sitzt ein korbartig durchbrochener Knauf, aus Bronze gegossen. Er besteht aus drei nackten Menschen, die eingebunden sind in ein reich verschlungenes Netzwerk, das zum Teil aus Pflanzen, zum Teil aus schlangenähnlichen Tieren mit großen Wolfsköpfen besteht. Über dem Knauf erhebt sich das aus einer Kupferplatte geschnittene Kreuz, dessen Balkenenden zu rechteckigen Tatzen ausgeweitet sind. An den Enden der Kreuzbalken sind vier ovale Bergkristalle eingeschlossen, an deren Stelle ursprünglich Reliquien vermutet werden. Der Corpus Christi ist auf das Kreuz aufgenietet. Die dargestellten Menschen sind durch die dämonischen Einflüsse buchstäblich in das Netz ihrer Sünden verstrickt. Erlösung kann hier nur Christus bringen, dessen Kreuz sich als Zeichen des Sieges über dem Knauf erhebt.
Das Kreuz gelangte 1832 in den Dom. Es wurde von dem Münchner Bildhauer Konrad Eberhard für das Grabmal des Bischofs Johann Michael Sailer (1829-1832) im südlichen Nebenchor verwendet. Dort war es links von der Steinfigur des thronenden Bischofs auf einer Tragestange aufgestellt. Wegen Diebstahlsgefahr wurde es im späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert dem Domschatz eingegliedert. Konrad Eberhard hatte das Kreuz wohl aus dem Kunsthandel bezogen und dem Dom als private Stiftung geschenkt