Ausstellung religiöser Volkskunst aus der Sammlung Klebe im Museum Obermünster vom 30. November 2012 bis 20. Januar 2013
Schornsteinfeger, Jäger und Traubenträger: Um die Heilige Familie tummeln sich jede Menge phantasievoll gestalteter Figuren. Das Museum Obermünster zeigte in der Ausstellung böhmischer Krippenberge aus der Sammlung Klebe kleine und große Kostbarkeiten religiöser Volkskunst.
In Böhmen, Mähren und dem Erzgebirge entstanden ab dem 18. Jahrhundert große Krippenlandschaften, die ganze Zimmer einnahmen und von Jahr zu Jahr reicher ausgestattet wurden. Sie erzählen rund um die Weihnachtsgeschichte mit einer Fülle von Szenen vor bunten Stadtkulissen vom Alltagsleben ab dem 18. Jahrhundert. Hier gibt es außer dem klassischen „Krippenpersonal“ mit Maria, Josef und dem Christuskind, mit Hirten, Ochs und Esel auch eine Vielfalt regional vertretener Berufe. Damit findet die Geburt Christi mitten in der Alltagswelt des Betrachters statt. Der Bäcker bringt sein Brot oder einen überdimensionalen Weihnachtsstollen, der Müller schiebt eine Karre mit dem Mehlsack, der Schornsteinfeger hält die Leiter, die Bäuerin hat Geflügel unter dem Arm, Geschäftsleute sind mit Aktentasche unterwegs, der Nachtwächter bläst ins Horn, selten ist auch ein Matrose auf dem Wege zur Krippe. Einzelne Dudelsackpfeifer oder ganze Kapellen spielen für das Jesuskind.
Der Brauch, Krippen darzustellen, ist bereits sehr alt. Im Jahr 1223 stellte angeblich Franz von Assisi im Wald von Grecchio mit lebenden Tieren und Menschen das Weihnachtsgeschehen im Ausblick auf das Dreikönigsfest dar. Der erste Beleg für eine Krippe stammt aus der Kirche Santa Maria Maggiore in Rom. Dort werden Brettchen von der Krippe aus Bethlehem als Reliquien verehrt. Im Jahr 1300 kamen zahlreiche Pilger zu der Krippe im Seitenschiff, in der erstmals als Figuren das Kind, Maria und Josef, die Tiere, die Propheten Jesaja und David sowie die anbetenden Könige aufgebaut waren. Eventuell verbreiteten die heimkehrenden Rompilger bereits die Idee von der Krippe.
Die Jesuiten aus Prag haben im Jahr 1562 begonnen, Krippenlandschaften in ihren Kirchen aufzubauen und eröffneten damit einen wahren Boom. Nachdem im 18. Jahrhundert durch Maria Theresia und Kaiser Joseph II. die Krippenaufbauten in den Kirchen verboten worden waren, fanden sie umgehend im häuslichen Umfeld einen neuen Ort und bilden seitdem einen festen Bestandteil im weihnachtlichen Brauchtum. Vor allem in Böhmen, Mähren und dem Erzgebirge entstanden große Krippenlandschaften, sog. Krippenberge, die von Jahr zu Jahr reicher ausgestattet und vervollständigt wurden. Die böhmischen Krippen sind dabei besonders reich in ihrer Formen- und Figurenvielfalt. Sie geben Zeugnis vom Leben der bürgerlichen Familien ab dem 18. Jahrhundert bis ins 20. Jahrhundert hinein.
Das Sammler-Ehepaar Friederike und Karl Heinz Klebe hat jahrzehntelang Krippen zusammengetragen. Ihnen ist es zu verdanken, dass vieles erhalten blieb, und wir nun große und kleine Kostbarkeiten religiöser Volkskunst im Museum Obermünster betrachten können.
Zur Ausstellung erschien im Verlag Josef Fink, Lindenberg, ein Begleitband mit dem Titel "Und er wohnte unter uns" (Joh 1,14). Böhmische Krippenberge aus der Sammlung Friederike und Karl Heinz Klebe (ISBN 978-3-89870-807-4).